Keine Schenkungsteuer bei gemeinsamer Luxus-Kreuzfahrt
Entscheidung: Finanzgericht Hamburg, Urt. v. 12.6.2018 – 3 K 77/17, ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Leitsatz
- Wird unter Kostenübernahme ein echter Vertrag zugunsten Dritter geschlossen (hier: Buchung einer gemeinsamen Luxusreise), ist die Verschaffung des eigenen Forderungsrechts im Valutaverhältnis nur dann eine freigebige Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, wenn das Forderungsrecht für den Dritten rechtlich und tatsächlich frei verfügbar ist. Das Forderungsrecht des Dritten ist regelmäßig nicht rechtlich und tatsächlich frei verfügbar, wenn nach der Abrede im Valutaverhältnis die Leistung lediglich im Rahmen eines gemeinsamen Konsums erbracht werden soll (hier: allein bei Reisebegleitung).
- Wird die Leistung im Vollzugsverhältnis tatsächlich an den Dritten erbracht (hier: Durchführung einer gemeinsamen Luxusreise), kann im Valutaverhältnis eine freigebige Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nur darin liegen, dass auf einen Wertersatzanspruch gegen den Dritten verzichtet wird. Ein solcher Wertersatzanspruch besteht nur, soweit der Dritte durch die Leistung eigene Aufwendungen erspart, und ist daher ausgeschlossen, wenn der Dritte die Leistung sonst nicht mit eigenen Mitteln erwirkt hätte (sog. Luxusaufwendungen).
Sachverhalt:
Der Kläger, ein sehr wohlhabender Mann, hat seine Lebensgefährtin, die über ein nur durchschnittliches Einkommen verfügte, auf eine 5-monatige Luxusschiffreise mitgenommen. Er hat sämtliche Kosten für diese Reise, also Luxuskabine, Anreise, Ausflüge und Verpflegung (insgesamt rund 500.000 €) gezahlt. Die Lebensgefährtin wäre aus eigenen Mitteln zu einer solchen Reise finanziell nicht in der Lage gewesen. Der Kl. gab noch während der Reise eine Steuererklärung ab, in der einen Teil der Kosten als steuerpflichtiger Erwerb der Lebensgefährtin deklariert wurde (anteilige Kosten für Anreise, Ausflüge und Verpflegung in Höhe von ca. 25.000 €). Die Reise selbst sah der Kl. nicht als steuerpflichtig an, u.a. weil der Preis der Luxuskabine nach der Angebotsgestaltung des Reiseveranstalters unabhängig von der angemeldeten Personenzahl war. Das Finanzamt dagegen behandelte die Hälfte der Gesamtkosten zzgl. der vom Kl. übernommenen Steuer als steuerpflichtig. Mit Schenkungsteuerbescheid setzte das Finanzamt für die freigebige Zuwendung gegenüber dem Kläger eine Steuer in Höhe von rd. 100.000 € fest. Diesen Steuerbetrag hätte die Lebensgefährtin nicht zahlen können.
Entscheidungsanalyse:
Das Finanzgericht Hamburg hat zutreffend in der Mitnahme auf die Kreuzfahrt keine Schenkung gesehen. Die Lebensgefährtin hat keinen eigenen übertragbaren Anspruch gegenüber dem Reiseveranstalter erhalten. Zudem sind die Voraussetzungen des Tatbestandes einer freigebigen Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht erfüllt. Gleiches gelte für die Kostenübernahme für Anreise, Flüge, Ausflüge und Verpflegung. Das Finanzgericht argumentiert, dass – vor der Reise – keine Vermögensverschiebung eingetreten ist. Die Lebensgefährtin hat zwar ein eigenes, aber kein frei verfügbares Forderungsrecht auf Durchführung der Reise erlangt. Sie konnte die Reise also z.B. nicht an einen Dritten verkaufen. Zwar habe sie durch den Abschluss des drittbegünstigenden Reisevertrags ein eigenes Forderungsrecht gegen den Reiseveranstalter (§§ 651a ff., 328 Abs. 1 BGB) und damit einen tauglichen Zuwendungsgegenstand erhalten. Jedoch sei dieses Recht, das im Vollzugsverhältnis gegenüber dem Reiseveranstalter bestanden habe, für die Lebensgefährtin im schenkungsteuerrechtlich entscheidenden Valutaverhältnis gegenüber dem Kläger nicht tatsächlich und rechtlich frei verfügbar gewesen. Im Valutaverhältnis besteht ganz offensichtlich eine Verfügungsbeschränkung. Dies sei dann anzunehmen, wenn die Leistung gegenüber dem Reisenden und dem Mitreisenden nur gemeinsam erbracht werden soll. Dann komme es dem Reisenden gerade darauf an, dem Mitreisenden die Reiseleistung – wenn auch aus eigenem Recht – nur unter der konkreten Voraussetzung zukommen zu lassen, dass der Mitreisende die Reise – wenn auch mit umfassendem Genuss der Reiseleistungen – „nur“ als Begleitung des Reisenden erhalte.
Zudem sei – nach der Reise – eine Vermögensverschiebung auch nicht dadurch eingetreten, dass die Lebensgefährtin bei Durchführung der Reise eigene Aufwendungen erspart und der Kläger insoweit auf einen bereicherungsrechtlichen Wertersatz verzichtet habe. Die Lebensgefährtin ist angesichts des Verbrauchscharakters der Reise im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB entreichert. Es liegen hier sog. Luxusaufwendungen vor, d.h. solche Aufwendungen, die allein mit Hilfe des bzw. durch das Erlangte/n vorgenommen werden und die sich der Empfänger sonst nicht geleistet hätte.
Nach Auffassung des Finanzgerichts Hamburg liegt bei wertender Zusammenschau der zwei zuvor genannten Aspekte ein sog. gemeinsamer Konsum vor, der im Ergebnis nicht der Schenkungsteuer unterliegt.
Entscheidungsanalyse:
Die für den Steuerpflichtigen erfreuliche Entscheidung bringt etwas mehr Klarheit in dem Bereich des Konsums innerhalb von Lebensgemeinschaften, insbesondere bei asymmetrischen Lebensverhältnissen.
Dieser Fall ist insofern außergewöhnlich als die Anzahl der Fälle einer Luxuskreuzfahrt von 500.000 € sich in Schranken hält. Aber auch in nicht so üppigen Verhältnissen kann leicht der Schenkungs- und Erbschaftsteuerfreibetrag von 20.000 € (der einmal in 10 Jahren gewährt wird) überschritten werden.
Diese Entscheidung wird die Finanzverwaltung sowie die Berater gleichermaßen zukünftig für die in Zukunft wohl zunehmende Problematik sensibilisieren.
Die Revision ist zugelassen worden.
Im Zweifelsfall sollten auch weiterhin Steuererklärungen abgegeben und entsprechende Schenkungsteuerbescheide unter Verweis auf das zu erwartende Revisionsverfahren offengehalten werden.
Für die Schenkungsteuer haften sowohl der Schenker als auch der Beschenkte als Gesamtschuldner.
Der Schenker zahlt also ggfs. die Schenkung und die Steuer.
Fazit:
Schenken kann teuer sein. Mann muss es sich leisten können.